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Willkommen auf meinem Blog
Hier nun die zweite Episode aus meinen sati(e)rischen Geschichten. Mehr ist in Arbeit. Überall steckt irgendwie ein wahrer Kern drin...
Hund, Katze, Meerschweinchen
Zweite Episode
Rache ist süß
Jeden Tag dasselbe, morgendliche Ritual. Die
ganze Familie sitzt um den Frühstücktisch herum. Jeder hat seinen
Lieblingsplatz, den er auch mit speziellen Sitzkissen ausstaffiert hat. Sie
sollen sich schon sehr individuell von den monotonen Küchenholzstühlen abheben.
Der Vater legt großen Wert auf ein Eiermotiv. Die Mutter bevorzugt hingegen
etwas Florales. Für die beiden Kinder kommt nur ein Science-Fiction Muster in
Frage. Captain Kirk, Spock und Pille haben es ihnen gewaltig angetan. Selbstverständlich
ist auch die passende Leibspeise für jeden künstlerisch auf dem Tischdeckchen
drapiert. Die Brötchen liegen nicht wie gewöhnlich in einem Körbchen, sondern
finden Anwendung auf einem großen Teller als Buchstabenkombination. Die Butter,
geformt als Hundemotiv, findet Platz auf einem Unterteller, der vorher zu einer
Tasse gehörte. Selbst die Marmelade genießt ein Dasein in einer dekorativen
Schale, in der man eher Blumen erwarten würde. Ein länglicher Topf aus Keramik,
mit kleinen Hunden auf dem Deckel, bietet Unterschlupf für die warmen
Würstchen. Selbst der Senf wird nicht einfach nur aus einer Tube gequetscht.
Nein, die Mutter hat die langen Pasten Stränge als Katzenstatue auf einem dazu passenden
Teller platziert. Alles soll im Auge des Betrachters den Eindruck erwecken,
dass diese Menschen Tiere über alles lieben.
Die Familie genießt das Frühstück und schaufelt
so viel in sich hinein, als gäbe es kein Morgen mehr. „Sag mal Peter, du hast
doch Morgen deinen 12. Geburtstag“, beginnt der Vater noch kauend und nuschelnd
das Gespräch. „Was wünschst du dir eigentlich?“. Er sieht seinen Erstgeborenen mit
gespannter Mimik an. „Einen Hund, eine Katze und ein Meerschweinchen“, kommt es
wie aus der Pistole geschossen. Der Vater muss inne halten, um nicht los zu prusten
vor Lachen. „Hör mal, drei Dinge auf einmal gehen nun wirklich nicht“. Ein
überzeugendes Lächeln bekräftigt seine klare Ansage. „Vor allem, wo sollen die
Tiere untergebracht werden, und wer kümmert sich um Pflege und Nahrung?“. „Zudem
muss der Tierarzt bezahlt werden, wenn es notwendig wird“. „Kannst und willst
du dieser Verantwortung Rechnung tragen?“. Eigentlich erwartet der Vater keine
Antworten auf die vielen Fragen, da er seinen Sprössling besser kennt, als
irgendjemand Anderer.
Trotzdem möchte er seinem Sohn
insgeheim diese tierischen Wünsche nicht
einfach abschlagen. Zur Not können immer noch die Eltern einspringen. Der Vater
blickt über die kleinen, runden Gläser seiner heruntergezogenen Brille und
zwinkert seinem Sohn zu. „Mal sehen, was ich machen kann“. „Lasse dich
überraschen“. „Vielleicht bekommst du auch nur eine kleine Schildkröte für den
Anfang“. Grabesstille in der Küche. „Die macht nicht so viel Arbeit, und du
kannst dann beweisen, wie du das mit der Verantwortung dem Tier gegenüber
siehst“. Vaters Gesicht nimmt einen ernsten Ausdruck an. Die Sachlage scheint
geklärt, und die Familie erhebt sich vom Frühstückstisch. Jeder von ihnen geht
nun den alltäglichen Aktivitäten nach. Mutter besorgt die haushaltstechnischen
Dinge und Vater fährt mit dem PKW zur Arbeit. Die beiden Kinder besuchen noch
die örtliche, kleine Grundschule.
Die Uhr in Vater Johanns Büro zeigt 16Uhr
an. Feierabend für heute, denkt er sich. Jetzt noch in die nächstliegende Kleinstadt
fahren, und im Laden für Kleintiere das passende Geburtstagsgeschenk aussuchen.
Sohn wird sich wundern, was er Morgen erblickt. Einen Versuch ist es wert,
sinniert Vater Johann vor sich in. Ich möchte Peter die Möglichkeit bieten, Verantwortung
für Tiere zu übernehmen. Immerhin ist er alt genug dafür. Vater Johann betritt
das Geschäft mit einer gewissen Vorfreude als auch Anspannung. Ach was, alles
wird sich irgendwie fügen.
Der freundliche Verkäufer der Zoohandlung beginnt
sogleich sein monotones Kundengehabe. „Was kann ich für sie tun?“, kommt die
erste Frage. „Haben sie einen bestimmten Wunsch nach einem besonderen Tier,
oder soll es doch nur ein Hund, Katze oder Hamster sein?“. „Meerschweinchen
sind gerade im Angebot, da sie sich wie irre vermehrt haben“. Der Händler
blickt Johann an und labert ihn förmlich zu, ohne auch nur eine einzige Antwort
abzuwarten. „Ich könnte ihnen einen Kurzhaardackel wärmstens ans Herz legen“.
„Kürzlich hat mir jemand eine Siamkatze zur Pflege gegeben, weil er in Urlaub
gefahren ist“. „Bis heute hat er sie leider nicht abgeholt“. „Wenn sie sich
ihrer annehmen, würde ich ihnen sehr dankbar sein“. „Ansonsten bleibt nur noch
das Tierheim übrig“. Um den Redeschwall des Typen hinter dem Ladentisch zu
beenden, willigt Vater Johann ein, den Kurzhaardackel, die Siamkatze und auch
noch ein Meerschweinchen dazu zu nehmen. „Sie sind ein wahrer Tierfreund“,
bedankt sich der Händler und reicht Vater Johann besagte Tiere, die in enge
Käfige gezwängt sind, über die Ladentheke. „Was kostet es mich, wenn ich noch
passendes Futter, Streu und Pflegematerial dazu nehme?“. Der Händler denkt kurz
nach und überschlägt die Preise. Er ist froh, endlich nach so langer Zeit überhaupt
wieder etwas verkauft zu haben. „500 Euro, alles inklusive“. „Hört sich fair
an“. Johann zückt sein Portemonnaie und zieht zehn Fünfziger heraus, die er
vorher an einem Geldautomaten von seinem Konto abgehoben hat.
Bepackt wie ein Lastesel, aber dennoch zufrieden
über den gelungenen Geschäftsabschluss, stapft Johann mit den drei Käfigen zu
seinem PKW. Er entriegelt die Türheber mit der Fernbedienung und öffnet die hintere
Wagentür, um die Käfige auf der Rückbank abzustellen. Nachdem sich Johann beschwingt
im Fahrersitz niedergelassen und angeschnallt hat, startet er das Gefährt. Während
der Fahrt nach Hause trällert er ein fröhliches Liedchen vor sich hin und
bekommt erst gar nicht mit, wie zarte Stimmchen versuchen, sich den Weg über
sein Trommelfell zu bahnen. „Johann, was hast du mit uns vor?“, wispert die
Siamkatze unaufhörlich. Der Kurzhaardackel schläft und schnarcht leise. Das
Meerschweinchen blickt zur Katze herüber und stimmt ihr in dieser Fragestellung
zu. „Ja, Johann, was hast du mit uns vor?“. „Wir möchten nur einen
respektvollen Umgang gepaart mit sehr viel Liebe, der uns noch eine restliche,
schöne Lebenszeit beschert“. „Sollte uns dies nicht zu Teil werden, reagieren
wir dementsprechend“. Vater Johann antwortet nicht, da er immer noch laut singt
und sich beim Fahren auf die Straße und Verkehrsschilder konzentrieren muss. Das
Siam Kätzchen wird nun etwas lauter und deutlicher. „Hör mal Johann, wenn du
uns ignorierst, hat das böse Folgen für dich“. „Letztendlich trägst du als
Oberhaupt der Familie die eventuellen Konsequenzen aus allen negativen
Reaktionen deines Sohnes“. „Wir wissen, wo du hin willst und wer uns betreuen
soll“. „Meine Eingangsfrage war nur banal daher geschwafelt“. „Antworte uns
jetzt endlich“. Die Mimik im Gesicht der kleinen Siamkatze nimmt jetzt einen
diabolischen Ausdruck an und unterstreicht damit die ernst gemeinten Fragen. Johann
reagiert immer noch nicht. In seinem Kopf laufen nebenbei die Vorbereitungen
für den Geburtstag seines Sohnes ab. Getränke als auch Dekorationen für das
Wohnzimmer besorgen. Lampions, Lichterketten und Girlanden sollen es unbedingt
sein. Irgendwie schweben ihm noch Papierbuchstaben vor, um den Namenszug seines
Sohnes auf die Girlanden zu kleben. Kreativität war schon immer seine starke Seite.
Basteleien jedweder Art gleichen sein stupides Bürodasein aus und lassen es
jeden neuen Tag nicht prioritär erscheinen. Johann freut sich schon diebisch
wie ein großes Kind auf das bevorstehende Geburtstagsereignis. Ein leichtes
Lächeln macht sich auf seinem Gesicht breit. Er liebt dieses Gefühl der Vorfreude
und kann es eigentlich kaum noch erwarten, in die strahlenden Augen seines Sohnes
zu blicken. Auch wenn es erst Morgen sein wird. Sein Puls rast.
„Nun gut, Johann, du hast es so gewollt“,
spricht die Siamkatze, und ihre hypnotisierenden, stechenden Blicke treffen Johanns
Rücken. Johann fährt jetzt nicht mehr konzentriert, da er durch seine Gedanken
abgelenkt ist. Oder beginnen die Hypnosebefehle der kleinen Siamkatze bei ihm
zu wirken?. Über telepathischem Weg spricht sie ihn an. „Johann, du kannst gar
nicht Auto fahren“. Siam Kätzchen atmet tief ein und aus und entspannt sich. „Du
weißt nicht, wie das geht“. „Hast überhaupt keine Ahnung von Verkehrsregeln“. Immer
und immer wieder wispert sie diese Sätze, bis…..
…Johann langsam müde wird und das Steuer
verreißt. In diesem Moment schwinden seine Sinne völlig, und der Wagen gerät ins
Schlingern. Mit voller Wucht prallt er frontal gegen eine Ampelanlage, und das
Gefährt wird von der Kühlerhaube bis zur Rückenlehne des Fahrersitzes
zusammengedrückt. Das Lenkrad ist so stark verbogen, dass die Lenkradstange
sich durch Vater Johanns Herz bohrt. Nur die Tiere in ihren engen Käfigen
bleiben unversehrt. Johann wird den Geburtstag seines Sohnes nicht mehr
erleben. Siam Kätzchen schnurrt wohlig, und ein hämisches, zufriedenes Grinsen
macht sich auf ihrem Gesicht breit…
© Marlies Hanelt 12.Juli2014