Dienstag, 9. Juli 2013

Die verfolgte Frau, oder Ärger in der Mittagspause

Wieder ein sehr humorvolles Gedicht von meinem Autorenkollegen 
Klaus Kurt Löffler. Es werden noch weitere folgen. Eine nimmer endenwollende Quelle der Reime aus seiner Amtszeit als Richter.








von Klaus Kurt Löffler

Im Amtsgericht in Volksheim tagt
der Richter Alt, ganz unverzagt.
Die Sitzung grad zu Ende geht
und Essen auf dem Plan jetzt steht.
Da öffnet sich voll Ungebühr
des Saales hochgewölbte Tür
und es erscheint erregte Frau
mit Herrn, seriös, in dem Schlepptau.

"Ich heiße Irmgard Rührmichan
und brauche Schutz vor diesem Mann!"
Die Frau sagt das ein wenig dreist,
wobei sie auf den Mann hinweist,
der dabei nachsichtig nur lächelt,
und lustig mit den Akten fächelt.
"Er stellt mir nach in einem fort,
ja selbst an dem privaten Ort!"

Dem Richter scheint´s absonderlich:
"Ich glaube fast, Sie irren sich!
Der Mann, den Sie da meinen,
ist Rechtsanwalt, bestellt zu einen!"
"Das macht die Sache nur noch schlimmer,
weil er es ist, glaubt man mir nimmer!"
Sie streicht das Haar aus dem Gesicht,
und sucht nach Worten von Gewicht!

Da mischt sich der Gescholt´ne ein:
"Die Dame ist jetzt viel allein.
Da gibt es Durcheinander eben:
Ich musste dies schon selbst erleben!"
"Er räumt es ein, Sie hörens ja!"
die Frau ist sofort wieder da.
"Ich habe sie schon oft vertreten!",
fällt ihr ins Wort, Anwalt betreten.

Nachdem sie jüngst geschieden war,
verabscheut sie der Männer Schar!
Und kommt mal einer ungebeten,
glaubt sie, er wollt´ ihr nahetreten!
Und jetzt, das ist bedauerlich,
da fällt ihr Misstrauen auf mich.
Ich werde sie nach Haus geleiten
und ihre Sorgen aufarbeiten!"

Behutsam wie ein Paladin
will er sie aus dem Saale zieh´n.
"Da seh´n Sie selbst!", ruft sie entsetzt,
"Jetzt fängt er wieder an zuletzt!"
Sie schüttelt seinen Arm rasch ab
und setzt zum Pult sich hin in Trapp.
Erstaunt blickt Richter auf die Frau,
die wirkt verwirrt und macht Radau!

"Ihnen wird niemand etwas tun",
sagt er, "wir lassen Sache ruhn!"
"Das grade aber will ich nicht!",
ruft Frau voll Ärger im Gesicht.
"Dazu bin ich nicht hergekommen,
damit dann nichts wird unternommen!
Verbieten Sie dem Manne hier,
dass aufdringlich er wird zu mir!"

Als Richter ratlos, was hier frommt,
der Anwalt ihm zur Hilfe kommt:
"Das will ich gerne hier erklären,
um Missverständnis abzuwehren:
Man nehme es zu Protokoll,
dann ist zu Ende aller Groll.
Da sie erreicht hat, was sie will,
mag´s hier im Saale werden still!"

Mit diesen Worten fasst er sie,
als herrsche eitel Harmonie,
und will sie aus dem Raum rausführen. -
Doch sie, sie lässt sich nicht berühren.
"Was muss ich tun?", ruft sie gestresst,
"dass dieser mich in Ruhe lässt!"
Erneut sie deutet auf den Mann,
der freundlich lächelt, wie er kann.

Die Frau es schon verzweifelt sagt,
sodass im Richter Zweifel nagt.
"Verstehe nicht", er spricht zu ihr,
"was Sie hier wollen denn von mir.
Viel Lärm wird hier umsonst entfacht:
Sie hab´n Herrn Maß selbst mitgebracht!"

"Na, sehen Sie, mein liebes Kind!",
sagt der zur Klägerin geschwind,
auch das Gericht, es konstatiert,
dass in Gesellschaft nichts passiert!"
Als wieder er dann an ihr zerrt,
sie die Berührung schnell abwehrt:
"Das finde ich nicht heiter:
Er ist nicht mein Begleiter!"

"Was soll das?", tut da Richter grienen:
"Sie sind gemeinsam hier erschienen!"
Da antwortet die Frau sehr schnell,
auf dass sie abhilft auf der Stell´:
"Ich konnte nichts dagegen machen,
dass er verfolgt mich wie ein Drachen!
Gerade deshalb ist von Nöten,
dass die Begleitung wird verbeten!"

"Warum sollt´ er so etwas tun?",
ließ Richter Sache denn nicht ruhn.
"Weil er vernarrt ist halt in mich,
seit langem schon, ganz fürchterlich!"
Das überrascht den Richter sehr,
er blickt ´ne Weile hin und her,
und mustert die erschien´ne Frau
vom Äußern her nun ganz genau.

Es war ihm erst nicht aufgefallen,
doch konnte sie durchaus gefallen:
War zierlich, schlank und wirkte fit
und alles and´re als frigitt.
Sie war kein Kind von Traurigkeit
und zu Kontakten gern bereit.
Sie mochte Halt haben verloren,
nicht aber Männern abgeschworen.

Als Anwalt merkte, wie sodann,
Frau langsam Boden denn gewann,
er schnell das Wort wollte ergreifen.
Doch Richter tat sich da versteifen:
"Ich glaub´, wir sollten erst gelassen,
die Frau hier ganz erzählen lassen,
worin die Nachstellunge bestehen,
die sie nicht länger will noch sehen."

Die Klägerin, zu Wort gekommen,
fand Worte zunächst nur verschwommen:
"Sie finden statt ja Tag und Nacht
und nimmer hab´n sie Halt gemacht!
Herr Maß, so heißt der Rechtsanwalt",
es laut aus ihrem Munde schallt,
"beobachtet täglich mein Haus
und spioniert so alles aus!

Er hat die Haustür ausgebaut,
und ständig dann hereingeschaut,
obwohl er wusst´ das ganze Jahr,
dass er mir nicht willkommen war!
Auch ein Gerüst ward angebracht,
damit ich bleiben muss in Acht.
Und er konnt jederzeit ansehen,
was drinnen denn so tat vorgehen!"

Der Richter völlig konsterniert,
nicht denken konnt, dass so blamiert
ein zugelass´ner Rechtsanwalt,
schaut diesen fragend an alsbald.
Der spricht: "Sie geht ganz überhin,
dass ich der Hausbesitzer bin!
Was sie geschildert hat vorzeiten,
das war´n halt Rep´raturarbeiten!"

"Da sieht die Sache anders aus!"
ruft Richter fast erleichtert aus.
Er freute sich, dass Anwalts Taten,
nicht eben waren schief geraten.
"Für Wartung solltens dankbar sein
und stellen Vorwürfe gleich ein!"

"Das kann nicht unter Wartung laufen!",
ließ Frau das Fass dann überlaufen,
"wenn Maß nachts auf Gerüste sitzt
und Aug´ und Ohren mächtig spitzt!
Und durch die off´ne Haustür flink
bis ins Schlafzimmer hin eindringt,
um dort zu sehen, und zwar gut,
was darin sich ereignen tut!

Da flippt der Anwalt plötzlich aus
und lässt ganz einfach Sau heraus:
"Das muss anhören ich mir nicht!",
rief er empört hin zum Gericht.
"Nicht nur betrogen sie mich hat,
jetzt schneid sie mir die Ehre ab!

Das alles noch in meiner Wohnung,
die ich gegeben zur Belohnung,
Hab´ überhäuft sie mit viel Geld
und auch ´nen Wagen hingestellt.
Als ihr an gar nichts tat´s mehr fehlen,
da fing sie gleich an, mich zu quälen.

Sie spielt´ mit and´ren Männer rum,
und, als es mir ward dann zu dumm,
da hat sie sich zum Schluss verstiegen,
mich bei Gericht noch zu bekriegen.
Nicht länger lass ich mich verletzen:
Ich werde aus dem Haus sie setzen.
Erwirke jetzt eine Verfügung
von wegen schamloser Vergnügung!

Die Ungetreue und Gespiele,
die müssen raus aus Domizile!
Und niemals mögen sie mehr wagen,
sich unter meine Aug´n zu schlagen!
Nicht anders als mit ´nem Vampir,
brech´ ich nun endgültig mit ihr!
Und schlage doppelt Kreuz für immer,
dass ich befreit vom Frauenzimmer!"

Damit verlässt mit einen Mal
er wutschnaubend gerichtlich Saal.
Die Türe läßt er kräftig knallen,
dass Abgangstöne spät verhallen.
Frau Rührmichan nach dem Pamphlet
nachdenklich dann im Saale steht!
Sie war ja jetzt den Mann da los,
der hing wie Klette an dem Schoß.

Lang hat sie hart darum gekämpft:
Doch jetzt - die Freude ist gedämpft!
War doch Beziehung nicht so schlecht,
kam sie damit ganz gut zurecht!
Hat sie es nicht verstanden gut,
zu halten ihn wie ´nen Rekrut?
Lief er nicht nach ihr wie ein Hund,
dem wurde nichts zu kunterbunt?

Nach allem lag es auf der Hand:
Sie hatte Bogen überspannt!
Und damit auch auf´s Spiel gesetzt,
was sie erworben hat bis jetzt.
Vor allem, weil, dass er sie kränke,
wird widerrufen er Geschenke!
Und weg sind Kleider, Haus und Wagen:
Gar allem muss sie jetzt entsagen!

Als Richter fragt: "Was soll geschehen?"
lässt sie ihn einfach so dastehen.
Er - ruft sie - möge doch vertagen,
denn sie, sie werde sich vertragen!
So kam´s, dass der verliebte Maß
dann die Geliebte neu besaß,
die herrlich lebt in seinem Haus,
das stattete er fürstlich aus.

Der arme Richter, wenn er spricht,
schimpft über´s Paar ganz fürchterlich.
Dass es für seine Streitigkeiten,
so viel an Arbeit tat bereiten.
"Und alles", sagt er bei der Jause,
"geschah in meiner Mittagspause!"