Sonntag, 13. Juli 2014

Sati(e)rische Geschichten ,,Kühe versus Moderne,, Dritte Eisode




                              
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Hallo und Willkommen auf meinem Blog zur
              Dritten Episode
aus meinen Sati(e)rischen Geschichten.



       Kühe versus Moderne

            Dritte Episode

Es ist Sommer und die Sonne steht mittags im Zenit. Sie lässt die Asphaltdecke der B96 wie eine spiegelglatte Wasseroberfläche wirken. Um diese Uhrzeit ist sie noch nicht so befahren. Nur einige Transporttrucks mit langen Anhängern rattern geräuschvoll über ihr hinweg. Rechts und links machen sich grüne Wiesen und Wälder breit, auf der schwarz-weiß gefleckte Kühe hinter Gattern genüsslich das Gras abrupfen und kauen. Nichts und Niemand kann ihre Ruhe stören. Wohlweislich hat Bauer Humus die Kälber von den Muttertieren getrennt, da die Paarungszeit beginnt.
Der Bulle Riechsalz schnaubt aufbrausend und lässt dabei seinen momentanen Lustgefühlen freien Lauf. Ein lautes muuuuuuh schallt über die grüne Wiese bis über die hohen Baumwipfel des Waldes hinweg. Sein Körper fühlt sich an wie statisch aufgeladen und verwandelt ihn in eine monströse Kampfmaschine. Bereit, um einen lauernden Gegner angreifen zu können, der ihm seine Favoritin ausspannen will. Demonstrativ hebt er seinen bulligen Kopf, auf dem zwei gewaltige, nach vorn gebogene Hörner signalisieren, dass er die Ansagen erteilt. Jetzt gilt es, das Revier als auch die Angebetete zu verteidigen. Nur er hat das Recht, Elsa zu bespringen. Vielleicht nehme ich nach Elsa auch noch eine Andere, denkt sich Riechsalz. Energien sind ja genügend vorhanden, um mir auch noch den Rest der Weiber zur Brust nehmen zu können. Sein Hirn ist jetzt total von Testosteron umspült und lässt keinen weiteren Gedanken mehr zu. Ich nehme mir erst einmal meinen Erzrivalen vor, sinniert er weiter. Der hat mir schon im letzten Jahr den Kampf angesagt und Gott sei Dank den Kürzeren ziehen müssen. Ich war, bin und werde der geilste Bulle hier auf dieser Weide sein. Ein stolzes Lächeln huscht kurz über sein Gesicht und weicht sofort einer zornigen Mimik. Auch diesmal möchte er erneut als stolzer Gewinner hervorgehen.  
Plötzlich steht dieser Kasimir vor ihm und fordert Riechsalz zum Ritual heraus. Leider fehlen ihm die Drohgebärden des Machtbesessenen und er versucht es mit Worten der Einschüchterung. „Alter, ich meuchle dich und werde dir zeigen wo der Hammer hängt“. Irgendwie passen seine Gesichtszüge nicht zu dem Gesprochenen. Riechsalz hält sich die Rechte  Vorderhufe vor seinen Bauch und beginnt höhnisch zu lachen. „Ich schmeiß mich weg, Kasimir“. „Dass bei dir der Hammer hängt, kann ich klar und deutlich erkennen“. „Komm schon, gib es mir, wenn du es drauf hast“. Riechsalz bekräftigt dies mit herausforderndem Winken seiner Vorderhufe. Kasimir weiß, dass er nicht den Hauch einer Chance gegen Riechsalz hat und winkt ab. „Lass gut sein, ich gebe auf“, winselt Kasimir und gibt klein bei. Genau das ist es, was Riechsalz erst richtig in Fahrt bringt. Er hasst Weicheier und Bullen, die nicht wirklich welche sind. Vielleicht ist er schwul?, denkt sich Riechsalz. Würde gut zu ihm passen. „Hör mal du Schwächling, stelle dich meiner Anwesenheit und lass es krachen“. „Hast du nun Eier oder nicht?“. Teuflische, grinsende, hinterhältige Blicke treffen Kasimir und erzeugen in ihm etwas, was er noch nie gefühlt hat. ANGRIFFSLUST und UNBÄNDIGE WUT. Er möchte Riechsalz unbedingt zeigen, dass auch er in der Lage ist, Kühe lustvoll zu bespringen. „Komm schon, komm, komm, komm“. Riechsalz neckt ihn so vehement, dass auch Kasimirs Testosteron Spiegel in immense Höhen steigt. Angetrieben von den Hormonen rennt er los und stolpert über einen ziemlich kantigen Stein. Durch den heftigen Aufprall seines leichten, abgezehrten Körpers fliegt er über die Gatter hinweg und direkt auf die Fahrbahn der B96. Ein herannahender LKW mit Anhänger überrollt Kasimir. Der Trucker konnte ihn auf der sonnengespiegelten, geteerten Oberfläche einfach nicht rechtzeitig erkennen. Erst das Rumpeln und Schwanken, welches den Truck fast umkippen ließ, lässt den Fahrer auf die Klötzer treten.
Paul entsteigt der kleinen Fahrerkabine, um sich zu vergewissern, was er gerade überfahren hat. Ihm bietet sich ein schauriges Bild von Blut und zerquetschten Körperteilen. Panik macht sich breit. Er will nur noch weg von hier. Angsterfüllte Augen blicken sich um und erkennen, dass sich kein weiterer Fahrer auf der B96 nähert, der als Zeuge dienen könnte. Paul rennt geistesabwesend, so als würde er verfolgt, zurück in sein Führerhäuschen und startet den Dieselmotor, der daraufhin laut aufheult. Kasimirs Überreste bleiben zurück und werden von den heißen Sonnenstrahlen langsam ausgetrocknet.
Riechsalz sieht dem Geschehenen mit einer gewissen Teilnahmslosigkeit zu. Kasimir ist ihm nicht wichtig. Was ihn wirklich ärgert, ist die Verhaltensweise des Truckers. Fahrerflucht ist das Allerletzte, und jedweder Gedanke daran steigert seine ohnehin schon maßlose Wut ins Unermessliche. Dir werde ich es jetzt zeigen Bürschchen. Ungeschoren kommst du mir nicht davon, geht ein aggressiver, rachebestimmter Gedanke durch sein Hirn. Riechsalz nimmt Anlauf, und seine kräftigen Beine lassen ihn über das Gatter springen. Sein muskulöser, übergroßer Körper baut sich vor der Fahrertür auf. „Alter, du wirst jetzt nicht einfach losfahren und so tun, als wenn nichts geschehen ist“. Riechsalz Stimme nimmt einen wütenden Unterton an. Paul glaubt, dass er vor Müdigkeit spontan eingeschlafen ist und böse träumt. Immerhin ist er schon fast vierundzwanzig Stunden am Fahren. Bis vierzehn Uhr muss die Ladung heute bei einer großen Firma abgeladen sein.
„Schau einer an, du fährst auch noch total übermüdet diesen Truck“. „Das ist Verantwortungslosigkeit ohne Ende“. Riechsalz kann seine Wut nicht mehr im Zaum halten und öffnet schwungvoll die Fahrertür. Mit seinen harten, metallenen Hufen tritt er so heftig nach Paul, dass sein gesamter Körper an mehreren Stellen aufplatzt. Aus den Wunden stark blutend sackt Paul hinter seinem Steuer zusammen. Eine riesige Lache bildet sich vor seinem Sitz und verteilt sich bald sehr schnell im kleinen Fahrerhäuschen. Durch den hohen, plötzlichen Blutverlust hört das Herz von Paul auf zu schlagen. Seine Seele wandert in das große Trucker Universum und fährt dort weiter auf der B96.
Ein zufriedenes Lächeln macht sich in Riechsalz Gesicht breit, während er langsam am Gatter entlang trabt und sehnsüchtig nach seiner Elsa Ausschau hält…
© Marlies Hanelt 13.Juli2014     

Demnächst auf meinem Blog weitere sati(e)rische Geschichten.
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