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Hallo und Willkommen auf meinem Blog zur
Dritten Episode
aus meinen Sati(e)rischen Geschichten.
Kühe versus Moderne
Dritte Episode
Es ist Sommer und die Sonne steht mittags
im Zenit. Sie lässt die Asphaltdecke der B96 wie eine spiegelglatte
Wasseroberfläche wirken. Um diese Uhrzeit ist sie noch nicht so befahren. Nur
einige Transporttrucks mit langen Anhängern rattern geräuschvoll über ihr
hinweg. Rechts und links machen sich grüne Wiesen und Wälder breit, auf der
schwarz-weiß gefleckte Kühe hinter Gattern genüsslich das Gras abrupfen und kauen.
Nichts und Niemand kann ihre Ruhe stören. Wohlweislich hat Bauer Humus die
Kälber von den Muttertieren getrennt, da die Paarungszeit beginnt.
Der Bulle Riechsalz schnaubt aufbrausend
und lässt dabei seinen momentanen Lustgefühlen freien Lauf. Ein lautes muuuuuuh
schallt über die grüne Wiese bis über die hohen Baumwipfel des Waldes hinweg. Sein
Körper fühlt sich an wie statisch aufgeladen und verwandelt ihn in eine monströse
Kampfmaschine. Bereit, um einen lauernden Gegner angreifen zu können, der ihm
seine Favoritin ausspannen will. Demonstrativ hebt er seinen bulligen Kopf, auf
dem zwei gewaltige, nach vorn gebogene Hörner signalisieren, dass er die Ansagen
erteilt. Jetzt gilt es, das Revier als auch die Angebetete zu verteidigen. Nur
er hat das Recht, Elsa zu bespringen. Vielleicht nehme ich nach Elsa auch noch
eine Andere, denkt sich Riechsalz. Energien sind ja genügend vorhanden, um mir auch
noch den Rest der Weiber zur Brust nehmen zu können. Sein Hirn ist jetzt total
von Testosteron umspült und lässt keinen weiteren Gedanken mehr zu. Ich nehme
mir erst einmal meinen Erzrivalen vor, sinniert er weiter. Der hat mir schon im
letzten Jahr den Kampf angesagt und Gott sei Dank den Kürzeren ziehen müssen. Ich
war, bin und werde der geilste Bulle hier auf dieser Weide sein. Ein stolzes
Lächeln huscht kurz über sein Gesicht und weicht sofort einer zornigen Mimik.
Auch diesmal möchte er erneut als stolzer Gewinner hervorgehen.
Plötzlich steht dieser Kasimir vor ihm und fordert
Riechsalz zum Ritual heraus. Leider fehlen ihm die Drohgebärden des Machtbesessenen
und er versucht es mit Worten der Einschüchterung. „Alter, ich meuchle dich und
werde dir zeigen wo der Hammer hängt“. Irgendwie passen seine Gesichtszüge
nicht zu dem Gesprochenen. Riechsalz hält sich die Rechte Vorderhufe vor seinen Bauch und beginnt höhnisch
zu lachen. „Ich schmeiß mich weg, Kasimir“. „Dass bei dir der Hammer hängt,
kann ich klar und deutlich erkennen“. „Komm schon, gib es mir, wenn du es drauf
hast“. Riechsalz bekräftigt dies mit herausforderndem Winken seiner Vorderhufe.
Kasimir weiß, dass er nicht den Hauch einer Chance gegen Riechsalz hat und
winkt ab. „Lass gut sein, ich gebe auf“, winselt Kasimir und gibt klein bei. Genau
das ist es, was Riechsalz erst richtig in Fahrt bringt. Er hasst Weicheier und
Bullen, die nicht wirklich welche sind. Vielleicht ist er schwul?, denkt sich
Riechsalz. Würde gut zu ihm passen. „Hör mal du Schwächling, stelle dich meiner
Anwesenheit und lass es krachen“. „Hast du nun Eier oder nicht?“. Teuflische,
grinsende, hinterhältige Blicke treffen Kasimir und erzeugen in ihm etwas, was
er noch nie gefühlt hat. ANGRIFFSLUST und UNBÄNDIGE WUT. Er möchte Riechsalz
unbedingt zeigen, dass auch er in der Lage ist, Kühe lustvoll zu bespringen. „Komm
schon, komm, komm, komm“. Riechsalz neckt ihn so vehement, dass auch Kasimirs
Testosteron Spiegel in immense Höhen steigt. Angetrieben von den Hormonen rennt
er los und stolpert über einen ziemlich kantigen Stein. Durch den heftigen Aufprall
seines leichten, abgezehrten Körpers fliegt er über die Gatter hinweg und direkt
auf die Fahrbahn der B96. Ein herannahender LKW mit Anhänger überrollt Kasimir.
Der Trucker konnte ihn auf der sonnengespiegelten, geteerten Oberfläche einfach
nicht rechtzeitig erkennen. Erst das Rumpeln und Schwanken, welches den Truck
fast umkippen ließ, lässt den Fahrer auf die Klötzer treten.
Paul entsteigt der kleinen Fahrerkabine, um
sich zu vergewissern, was er gerade überfahren hat. Ihm bietet sich ein
schauriges Bild von Blut und zerquetschten Körperteilen. Panik macht sich
breit. Er will nur noch weg von hier. Angsterfüllte Augen blicken sich um und
erkennen, dass sich kein weiterer Fahrer auf der B96 nähert, der als Zeuge
dienen könnte. Paul rennt geistesabwesend, so als würde er verfolgt, zurück in
sein Führerhäuschen und startet den Dieselmotor, der daraufhin laut aufheult. Kasimirs
Überreste bleiben zurück und werden von den heißen Sonnenstrahlen langsam ausgetrocknet.
Riechsalz sieht dem Geschehenen mit einer
gewissen Teilnahmslosigkeit zu. Kasimir ist ihm nicht wichtig. Was ihn wirklich
ärgert, ist die Verhaltensweise des Truckers. Fahrerflucht ist das Allerletzte,
und jedweder Gedanke daran steigert seine ohnehin schon maßlose Wut ins
Unermessliche. Dir werde ich es jetzt zeigen Bürschchen. Ungeschoren kommst du
mir nicht davon, geht ein aggressiver, rachebestimmter Gedanke durch sein Hirn.
Riechsalz nimmt Anlauf, und seine kräftigen Beine lassen ihn über das Gatter
springen. Sein muskulöser, übergroßer Körper baut sich vor der Fahrertür auf. „Alter,
du wirst jetzt nicht einfach losfahren und so tun, als wenn nichts geschehen
ist“. Riechsalz Stimme nimmt einen wütenden Unterton an. Paul glaubt, dass er
vor Müdigkeit spontan eingeschlafen ist und böse träumt. Immerhin ist er schon
fast vierundzwanzig Stunden am Fahren. Bis vierzehn Uhr muss die Ladung heute
bei einer großen Firma abgeladen sein.
„Schau einer an, du fährst auch noch total
übermüdet diesen Truck“. „Das ist Verantwortungslosigkeit ohne Ende“. Riechsalz
kann seine Wut nicht mehr im Zaum halten und öffnet schwungvoll die Fahrertür. Mit
seinen harten, metallenen Hufen tritt er so heftig nach Paul, dass sein
gesamter Körper an mehreren Stellen aufplatzt. Aus den Wunden stark blutend
sackt Paul hinter seinem Steuer zusammen. Eine riesige Lache bildet sich vor
seinem Sitz und verteilt sich bald sehr schnell im kleinen Fahrerhäuschen. Durch
den hohen, plötzlichen Blutverlust hört das Herz von Paul auf zu schlagen. Seine
Seele wandert in das große Trucker Universum und fährt dort weiter auf der B96.
Ein zufriedenes Lächeln macht sich in Riechsalz
Gesicht breit, während er langsam am Gatter entlang trabt und sehnsüchtig nach
seiner Elsa Ausschau hält…
© Marlies Hanelt 13.Juli2014
Demnächst auf meinem Blog weitere sati(e)rische Geschichten.
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