Hallöchen und herzlich Willkommen auf meinem Blog. Dem REICH der skurrilen Geschichten für JEDERMANN als auch FRAU.
Es gibt Nachschub aus meinen sati(e)rischen Geschichten. Episode sechs steht in den Startlöchern und möchte von euch gelesen werden.
Diese Geschichten sollen auch nachdenklich machen. Tiere benötigen unsere ganze Aufmerksamkeit. Ihre Seelen sind genau so empfindich wie die unsrigen.
Hoppe, hoppe, Pferdchen
Sechste Episode
ie Ränge der Pferderennbahn Hoppegarten
sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Menschen mit ihren überdimensionalen,
kreativen, auf höchstem Niveau angefertigten Hüten heben lasziv die goldenen
Ferngläser an ihre Augen, die ebenfalls von faszinierenden Riesenbrillen
geziert sind. Noch stehen die Pferde nervös nebeneinander, getrennt durch die Holzwände der Start Box und warten
darauf, dass diese hochgezogen wird. Endlich ist es soweit. Die Hengste mit den
grazilen Jockeys auf ihren Rücken galoppieren los. An erster Stelle liegen momentan
Botox und Apollo, zwei miteinander befreundete Tiere. Mit jeder Sekunde werden
sie schneller, und ihre Körper beginnen vor Schweiß zu glänzen. Damit Botox das
Rennen gewinnen soll, weil auf ihn eine hohe Gewinnpämie ausgesetzt ist, setzt
Jockey Call die Lederpeitsche ein. Ununterbrochen drischt er auf das Hinterteil
des Tieres ein.
Als wenn dies nicht schon schmerzhaft genug
für Botox ist, nimmt Call zusätzlich die von ihm speziell entwickelten Rädchen
Sporen, die der Hengst in den Leib gerammt bekommt. Blut tropft aus kleinen
Wunden, für das Publikum jedoch nicht zu sehen, da es zu weit weg sitzt und die
Ferngläser daran auch nichts ändern. Oder ignorieren sie es, weil diese Art von
Pferdesport geil und blind macht?. Botox wird wütend und sprintet umso
schneller. Natürlich, das ist ja auch der Sinn eines Rennens, aus dem Botox als
Gewinner hervorgehen muss. Botox hat nicht im Mindesten Interesse an einem
Sieg. Die Rennleitung bestimmt, wer siegen darf und wer nicht. Viel Geld ist
notwendig, um die Rennbosse zu bestechen. Der Meistzahlende bekommt den
Siegerzuschlag. Die Pferde sind nur Mittel zum Zweck.
Botox fühlt sich schon jetzt ausgelaugt,
hat aber noch eine ziemliche Strecke zu bewältigen. Er versucht sich zusammenzureißen
und wendet seine letzten Kräfte auf. Irgendwie schafft er es vor allen Anderen
ins Ziel zu laufen. Apollo folgt als Zweiter und bleibt neben Botox stehen,
nachdem Beide langsam zum Stillstand gekommen sind. Ihre Augen sind weit geöffnet, und sie hecheln, völlig außer
Atem nach Luft ringend.
Nur gut, dass ihnen jetzt der Stallbursche
Jim Decken über ihre stark erhitzten Körper legt, damit sie sich nicht
erkälten. Immerhin sind Pferde sehr empfindlich. Fast zärtlich greift er ihre
Zügel und führt sie in die Stallboxen, um sie mit Wasser und Futter zu
versorgen. Währenddessen streichelt er ihnen sanft über die Nüstern und den
Nasenrücken. Jim ist ein Tierliebhaber ersten Ranges. Darum haben ihn nicht nur
Botox und Apollo ins Herz geschlossen, sondern auch die anderen Rennpferde, für
die er verantwortlich ist. Leider sieht das die Rennleitung etwas anders. Sie
möchten nicht, dass die Tiere dermaßen verwöhnt werden. Der Tierarzt, welcher
die Pferde dopt und ebenfalls bestochen ist, hält sie in Form. Die Seelen der
Tiere sind ihnen definitiv egal. Nur die Leistung zählt, egal mit welchen
illegalen oder legalen Mitteln. Einen Tag zuvor hat Botox eine Injektion vom
Tierdoktor bekommen. Die Spritze war gefüllt mit Dimethylsulfoxid, welches die
perkutane Resorption erhöhen soll. Leider ist Botox allergisch auf dieses
,,Medikament,,. Konnte oder wollte der Tierarzt das nicht wissen?.
Botox und Apollo stehen immer noch etwas
echauffiert in ihren Boxen, die sich nebeneinander befinden. Plötzlich beginnt
Botox zu zucken und kann sich nicht mehr auf den Beinen halten. Er sackt
zusammen, kippt zur Seite und liegt auf dem mit Stroh ausgelegten Betonboden.
Das dumpfe Geräusch des Aufpralls lässt Apollo aufhorchen. Instinktiv reckt er
seinen Kopf über die Holztrennwand der Box, um nach seinem besten Freund zu
sehen. „Himmel, Botox, stehe auf!“. „Das kannst du mir nicht antun!“. Nichts geschieht.
Botox hat aufgehört zu atmen, und seine Seele schwebt bereits ins große Pferdeuniversum,
auf der Suche nach einem besseren Leben, als er es hier auf der Erde hatte.
Apollo realisiert in diesem Moment noch nicht die Situation. Wie versteinert
steht er nur einfach da und blickt auf seinen toten Freund. Es vergehen viele
Minuten, als in Apollo unsägliche Wut hochkriecht. „Diese Banditen und Mörder“,
schreit er aus purer Verzweiflung. „Haben sie es endlich geschafft, dich zu
töten“. „Das schreit förmlich nach Rache, für dich und alle Anderen, die schon
vor dir sterben mussten“. Apollo ist so außer sich, dass er vor Hass zu zittern
beginnt. „Na wartet, ich werde euch zeigen, was es bedeutet, geritten zu
werden“. Mit diesem letzten Satz verlässt Apollo erhobenen Hauptes die Box und
trabt majestätisch zu den Pausenräumen der Jockeys. Die haben es sich
inzwischen gemütlich gemacht, trinken Sekt auf den Sieg, und dreschen einen
Skat. Dieser Anblick lässt Apollo nur noch wütender werden. Was sind das nur
für Sadisten, denkt er sich, und seine Pupillen beginnen sich zu verengen. „So,
meine Lieben, ich rede jetzt mal Tacheles mit euch“, beginnt Apollo mit
deutlich lauter, sonorer Stimme zu reden. Call blickt von seinem Skatblatt auf
und glaubt seinen Ohren nicht zu trauen. „Wie kann es sein, dass du mit uns
redest?“, spricht er ihn fassungslos an und schüttelt dabei verständnislos
seinen Kopf. Automatisch muss Call an die Serie ,,Mr. Edd, das sprechende
Pferd,, denken und beginnt darauf schallend, fast wiehernd, zu lachen. „Passe
nur auf, du widerliches Subjekt“, blökt Apollo weiter. „Du wirst mit mir in die
Stallungen kommen“. „Ich lege dir das Zaumzeug um und werde den Sattel auf deinen
Buckel packen“. „Auf geht’s, bewege deinen Arsch und beeile dich“. „Das Rennen
musst du gewinnen, sonst geht es dir schlecht“.
Apollo stupst Call vom Stuhl und schiebt
ihn vor sich her, bis sich Beide in den Stallungen befinden. Call wird von
Apollo aufgezäumt und muss sich gefallen lassen, dass er noch den Sattel auf
seinen Rücken geschmissen bekommt. „So, das hätten wir geschafft“. „Das
Pferdchen ist bereit für ein phänomenales Rennen“. Apollo setzt ein
verschmitztes Lächeln auf und treibt Call zur Rennbahn. „So, mein Lieber, jetzt
werde ich dich besteigen, und du rennst um dein Leben, bis ihr dir sage, dass
es genug ist“. Zu dem illustren Rennen kommt es jedoch nicht mehr, da Call
schon vorher unter dem Gewicht von Apollo zusammensackt, der auf ihm zum Liegen
kommt. Jetzt ist Call platt wie eine Briefmarke und mausetot. Seine Seele ist
nun im Universum bei Botox. Wird er ihn da auch drangsalieren?.
Apollo richtet sich auf, steht erhaben und
triumphierend auf seinen vier Beinen. Er blickt siegessicher auf Call hinunter
und reibt sich seine zwei Vorderhufe. Apollo hat nur das getan, was er tun
musste. Rache für Botox. Mit einer gewissen Zufriedenheit schreitet er zu
seiner Box, um sich erst einmal zu stärken.
Nachwort
Was du willst, das man dir nicht tu‘, füg‘
auch keinem Anderen zu.
© Marlies Hanelt 28.August2014