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Hallo und herzlich Willkommen in meinem Reich. Die fünfte Episode aus meinen sati(e)rischen Geschichten ist fertig geworden. Weitere werden noch folgen.
Familienwalbande schweißen zusammen
Wale
gegen einen Walfänger
Fünfte Episode
E
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in japanischer Walfänger, der den klangvollen
Namen HIROSHIMA trägt, befindet sich bereits seit Tagen auf hoher See. Die Mannschaft
ist international, bunt gewürfelt. Ihr Auftrag, so viele Wale wie möglich
töten, zu zerlegen und das Fleisch sofort einzufrieren. Immerhin winkt dafür jedem
Mannschaftsmitglied eine hohe Summe, die von der Firma Yoko Wales an den Kassenwart
des Walfängers gezahlt wird. 30.000 Dollar pro Wal. Davon gehen 200 Dollar an jeden
Einzelnen. Also, je mehr Wale, desto einträglicher ist das Walgeschäft für die
Firma Yoko Wales und jeden Mann auf der HIROSHIMA. Zwei japanische Männer, die
auf den Namen Toshiro und Sushi hören, haben vor drei Monaten eine Wal Jagd
beendet und sich dabei mächtig ins Zeug gelegt. Nun sind sie erneut dabei, um
ihre Fähigkeiten wieder unter Beweis zu stellen. Kapitän Leatherman, den alle
respekt- und liebevoll -Big man- nennen, hat für seine Mitstreiter einen Anreiz
geschaffen. Welches Team, bestehend aus jeweils zehn Männern, in drei Monaten
mehr als fünfzehn Wale tötet und zerlegt, muss
nicht erneut anheuern. Es wird automatisch zum nächsten Walfang eingesetzt.
Zusätzlich winkt ein Bonus von 500 Dollar pro Wal. Die Männer sind also hochmotiviert.
Toshiro und Sushi stehen an der Reling, um
mit ihren Ferngläsern Ausschau nach blasenden Walen zu halten. Die See ist
ruhig. Auf der Wasseroberfläche spiegelt sich die im Zenit stehende, flirrende,
sengende Mittagssonne und erschwert erheblich die Aktion. Toshiro kneift seine
Augen zusammen, um etwas besser spähen zu können. Immer wieder setzt er das
Fernglas ab, und versucht ohne bis zum Horizont zu schauen. Vor lauter Anstrengung
dringt aus seinen übergroßen Poren der Schweiß und perlt über den gesamten
Körper ab. Nach kurzer Zeit glaubt Toshiro eine Wal Herde wahrzunehmen. Einige
blasen kraftvoll den heißen Dampf meterhoch aus ihren Lungen und tauchen
langsam wieder ab. Nur noch ihre Schwanzflossen sind für einen Moment zu erkennen.
Andere vollführen eine Art Wal Tanz und geben Walschreie von sich, um die
Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Tiefe Töne wechseln sich mit Hohen ab.
Ein unter die Haut gehendes Spektakel. Es ist Paarungszeit. Also darf nicht gejagt
werden. Das ist jedoch den Walfängern völlig egal. „Da blasen sie“, schreit
Toshiro aus Leibeskräften in ein Megaphon, das jederzeit griffbereit auf dem Boden
steht. Er deutet mit seinem ausgestreckten, rechten Arm in diese Richtung und
brüllt wie ein Wahnsinniger immer wieder denselben Satz.
Das ist die Aufforderung für jeden
Einzelnen der Crew, in seine Startposition an die Geräte zu gehen. Auf den fünf
Winden der HIROSHIMA sind die dicken Seile aufgewickelt, an deren Enden sich
die metallenen, mit Widerhaken gespickten Walharpunen befinden. Alle Winden
sind gut verteilt auf dem Schiff und befinden sich auf dem ersten Deck, bereit
zum Abschuss. Ein Knopf sorgt stufenlos dafür, dass die Ausrichtung stimmt. Ein
Anderer dient dem Auslösen des Katapultes.
„Hoffentlich kommt uns nicht Green-Peace in
die Quere!“, grölt ein dunkelfarbiger Mann. „Dann haben wir ein massives
Problem!“, kreischt er weiter. „Habt ihr die Wale endlich im Visier?“, brüllt Sushi den anderen Männern
zu. „Dann drückt doch endlich den Katapultknopf, ihr Weicheier!“. „Hopp, hopp,
sonst mache ich euch Beine!“. „Mensch, sind die heute langsam!“. In diesem
Moment sirren die Harpunen durch die Luft und treffen wirklich drei Wale, die
daraufhin versuchen abzutauchen. Die Harpunen dringen tief durch das Wal Fett
und haken sich in die Organe ein. Die Riesensäuger, einige mit Seepocken am
ganzen Körper gepflastert, blasen blutigen Dampf aus ihren Lungen. „Los, dreht
langsam die Winden ein!“, gibt Sushi den Befehl. Alle Muskeln und Sehnen der Männer
sind zum Zerreißen gespannt. Für die Wale beginnt ein aussichtsloser Kampf um
Leben und Tod.
In sicherer Entfernung beobachtet ein monströser,
junger, kräftiger Wal das Geschehen. Er ist der Anführer. Es geht um das Abschlachten
seiner Wal Familie. Unverständnis und maßlose Wut machen sich in seinem Wal Gehirn
breit. „Na wartet, was ihr könnt, kann ich auch“, schreit er auf walisch. Ein
tiefer, langgezogener Ton kommt aus einer kleinen Öffnung an seinem Kopf. Es
hört sich an, als würde er bald zum Kampf übergehen. Aber ein Wal gegen einen
großen Walfänger?. Er taucht unter und holt sich Verstärkung von seinen
Freunden. Wir müssen jetzt zusammenhalten und diesen Walfängern eine Lektion
erteilen, geht ein Gedanke durch sein kleines, aber gut funktionierendes Gehirn.
Es sind wieder Laute, mit abwechselnd tiefen und hohen Tönen, deren
Schallwellen durch das Wasser schwingen. Zu hören sind sie kilometerweit. Die Botschaft:
kommt und helft mir. Gemeinsam können wir den Walfänger versenken. Das Meer
gehört uns.
In einiger Entfernung zeichnen sich bereits
schemenhaft die Umrisse von mindestens zehn Walkörpern ab. Ihre riesigen Leiber
ziehen gemächlich durch das trübe, vom Plankton und Krill durchsetzte Wasser. Nahrung,
die ihnen die nötige Kraft bietet, um den Walfänger zur Strecke bringen zu
können. Der kräftige, monströse Anführer Bulle gibt nun die Befehle. „Macht
euch bereit“. „Setzt alle eure Kräfte ein, die Mutter Natur euch mitgegeben hat“.
„Drückt eure mächtigen Körper gegen die Bordwand und schiebt den Kahn auf ein
Riff“. In diesem Moment formieren sich alle Wale an Steuerbord und drücken gemeinsam
mit aller Kraft gegen den dicken Stahl der Schiffswand. „Passt nur auf, dass
ihr nicht in die Schiffsschraube kommt“,
kreischt der Wal Bulle.
Kapitän Leatherman bemerkt, dass er keine
Kontrolle mehr über seinen Walfänger hat. „Verdammt, irgendetwas muss sich im
Ruder verfangen haben“. „Es reagiert in keinster Weise mehr auf Back- oder
Steuerbord“. „Eigentlich will ich den Kurs ändern“. „Hier werden wir keine
Beute mehr machen“. Kapitän Leatherman brabbelt diese Sätze in seinen weißen,
langen Vollbart. Besonnen greift er zum Fernglas und schaut Backbord aus dem gewölbten
Fenster seiner Kommandobrücke, ob nicht doch noch ein paar Wale zu sichten
sind. Er glaubt nicht, was er da sieht. Sein Walfänger wird wie von Geisterhand
seitwärts bewegt und auf ein etwas aus dem Wasser ragendes Riff getrieben. Machtlos
muss er zusehen. Den Befehl, die Rettungsboote ins Wasser zu lassen, bekommt er
einfach nicht über seine spröden Lippen. Den Mund vor Angst weit aufgerissen,
muss er tatenlos zuschauen, da er zu keiner Regung fähig ist.
Schwerfällig und unaufhaltsam bewegt sich
der Walfänger auf das immer näher kommende Riff zu. Plötzlich hört das Schieben
abrupt auf, und ein dumpfer, donnernder Knall fährt durch den gesamten Schiffskörper. Es folgt ein lautes Quietschen,
so als würde der Stahl schreien. Die toten, harten, verkalkten und scharfen Röhren
von einstmals lebenden Meerestieren haben den Stahl des Schiffes Backbord der
Länge nach aufgerissen. Es klafft eine tiefe Wunde, durch die das Meereswasser schnell,
unter hohem Druck einströmt. Die Crew hat einfach keine Chance, ihr nacktes
Leben zu retten. Der Walfänger wird immer tiefer in die Fluten gezogen, bis
sich nur noch ein Strudelsog über dem letzten Deck bildet. Noch einmal will
sich das Schiff aufbäumen, aber vergebens. Die Luft aus den Räumlichkeiten entweicht
durch das einströmende Wasser. Ein erbärmlicher, letzter, tödlicher Aufschrei,
bis das endlose Meer den Walfänger verschlingt. Viele Walfänger Seelen ruhen
nun für immer auf dem Meeresgrund. Sie haben ihren Frieden gefunden.
Zufriedenheit macht sich auf den Gesichtern
der Wale breit. Gemeinsam tauchen sie ab. Ihre mächtigen Leiber zittern vor
Tatendrang, denn es gibt noch viele Walfänger, die vernichtet werden müssen.
© Marlies Hanelt 9.August2014
Eure Admine Marlies Hanelt