Samstag, 16. Mai 2015

-LEICHENSCHMAUS?-. Recycling der etwas absonderlichen Art. Surrealistik, Surrealistik, Surrealistik.

(Bild ohne Farben- und Textinhalt von Pixabay in Public Domain)
http://pixabay.com/

Momentan ist Bella Surrealistika angesagt. Ich habe mich des obskuren Themas -Leichenschmaus- angenommen. Natürlich wörtlich genommen. Denn man kann in der deutschen Sprache sehr VIELES metaphorisch betrachten. Einfach herrrrlich!.



Leichenschmaus?. Recycling der etwas absonderlichen Art
Heute ist Donnerstag, und Onkel Ariberts Beerdigung steht endlich bevor. Nach langer Krankheit, ohne Aussicht auf Heilung, hat ihn nun vor zwei Wochen das Schicksal erlöst, und seine Familie trauert um den Verstorbenen. Immerhin musste seine Leiche, nachdem sie obduziert, und ein natürlicher Tod auf dem Sektionsformular bestätigt wurde, vierzehn Tage auf Kühlung liegen. Erst dann hat man sie freigegeben. In dieser Zeit hat  sich der liebe Gott offensichtlich vieler Totgeweihter angenommen, denn die Kühlräume sind bis unter die Decke knacke voll. Kein Platz, um auch nur ansatzweise einen neuen Toten aufzunehmen. Das könnte die Gefahr bergen, dass man sich ihrer toten Körper anderweitig annehmen sollte.
Hierfür gibt es den allseits bekannten –Leichenschmaus-. Ein sehr probates, als auch konstruktiv durchdachtes Mittel, um den Körper auf eine Art Recycling Basis verarbeiten zu können. Zudem ist es die Billigste.
Onkel Aribert ist noch einmal gerade so daran vorbei geschliddert. Sein Kühl Fach ist das letzte, freie gewesen. Trotzdem, alle Hinterbliebenen haben sich diebisch auf das Festmahl gefreut Immerhin hatten die Angehörigen einen riesigen Grill  in einem Steakhouse bestellt. An diesem besonderen Tag sollte nur er gegrillt werden, denn Gäste dürften dieses Zeremoniell  nicht gut heißen. Nur geladene Mitglieder der engeren Familie sind hier erwünscht.
Alle Vorbereitungen sind im Keim erstickt worden, und die Familie ist nicht sonderlich entzückt darüber. Wut und Zorn macht sich unter ihnen breit. Da kommt der Neffe des Verstorbenen auf eine fantastische Idee, die seinesgleichen sucht. „Was haltet ihr davon, wenn wir uns einfach in die Kühlung des gerichtsmedizinischen Instituts schleichen und Onkel Aribert mitnehmen?. Gustav und ich klemmen ihn uns unter die Arme, und es sieht dann so aus, als würde er in unserer Mitte laufen. Keiner würde auch nur ansatzweise den Verdacht schöpfen, dass er eigentlich schon längere Zeit tot ist. Na ja, das bisschen Steifigkeit bekommen wir auch noch geregelt. Hatte er nicht auch Arthrose?. Das passt schon. Lasst uns  beide nur machen. Von mir bekommt er noch ne‘ Sonnenbrille auf den Nasenrücken gestülpt und eine brennende Zigarre in den Mundwinkel gestopft. Sieht wirklich echt und sehr natürlich aus“.
Die anderen Familienmitglieder sind einverstanden und nicken dazu wohlwollend mit ihren Köpfen. „Haben wir eigentlich Vegetarier in der Familie?̋, brüllt Gustav mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht, in die Runde. Drei Typen erheben die Arme und melden sich. „Okay, ihr könnt dann die Restaurant Servietten grillen. Passt nur auf, dass sie nicht verbrennen. Also vorher schön satt mit Rum tränken, dann flambiert das Zeugs“. Sie sind total einverstanden und können es kaum erwarten, auch dabei sein zu dürfen. Ihnen läuft schon der Geifer aus den Mundwinkeln und benetzt den nackten, steinernen Boden.
Es ist Donnerstag, und die Familie sitzt vollzählig versammelt um einen großen Tisch herum. Gustav hat den Grill mit einem Fön angefacht, und Onkel Aribert steckt schon auf dem langen Spieß. Die Flammen sind so hoch, dass sein Körper beginnt, schwarz zu werden. „Teufel, so geht das nicht!̋, schreit Gustav. „Verkohlt ist er ungenießbar und innen noch roh. Geht gar nicht. Werfe mir doch jemand mal bitte ein kühles Bierchen rüber!“, blökt er in den Familienkreis. „Wie wäre es mit Stanniol, dass ich drumwickeln kann?̋. Ralle steht auf und wirft Gustav die gewünschten Dinge in Richtung Grill. Zwar gezielt, aber leider völlig daneben. Dementsprechend fällt die Bierflasche auf den Boden und zerplatzt in tausend Scherben. Der Inhalt ergießt sich über den Teppich und saugt sich voll. „Scheiße, was seid ihr mir nur für Nichtskönner!“, wettert Gustav, und seine Laune sinkt auf den Nullpunkt. Währenddessen dreht der tote Aribert weiter über dem Grillfeuer und entflammt. Sein Fleisch wird so stark geröstet, dass es qualmt und widerlich stinkt. Die Grill Bude entflammt und verglimmt, mit Ur Onkel, Großbutter, Butter und Zimt.

Nachwort
Gevatter TOD ist unausweichlich. Wird der Mensch geboren, ist er verdammt dazu, zu sterben. Nur wann, wie und wo, kann man nicht planen. Nimmt man ihn mit einem Lächeln und etwas Humor an, wirkt er nicht mehr so monströs, schwarz und beängstigend. Den inneren Schmerz, wenn ein geliebter Mensch, nach seinem Ableben, ins Universum fliegt, auf den weit ausgebreiteten Schwingen eines Todesvogels, kann man eventuell mit diesem Humor und einer anderen Sichtweise hierauf, besser verarbeiten. Wie sonst sollten wir weiterleben können, wenn wir uns von eben diesem Schmerz bis ans Ende unserer Tage beseelen lassen?. Unsere Gedanken an den geliebten Menschen tragen wir jedoch für immer in unseren Herzen und Köpfen. Dort werden sie verinnerlicht und abgespeichert. Je nach Bedarf, holen wir sie wieder herauf in unser Bewusstsein und erinnern uns. Für immer und ewig.
              -ENDE-
©Marlies Hanelt 16.Mai2015