Freitag, 5. Dezember 2014

-HEULARIUM ODER WEINSTUBEN- Wer die Wahl hat, trifft eine Entscheidung. Aus meiner surrealistischen Trickkiste.


                          
(Bild von Pixabay in Public Domain)
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         -HANELTMANIA-

Für alle Lesehungrigen habe ich mir wieder eine ziemlich abgefahrene Geschichte einfallen lassen.






Heularium oder Weinstuben?
Wer die Wahl hat, trifft eine Entscheidung
Gustav, Raimund, Siegbert und Franz sitzen an ihrem heißgeliebten Spieltisch und wollen wieder einen Skat dreschen. Einmal wöchentlich geht die berühmte Post ab und befreit ihre Gehirne vom Alltagsgeschehen. Franz hat diesmal die Getränke besorgt und gießt die Gläser dermaßen mit dem trockenen Rotwein voll, dass die Flüssigkeit droht überzuschwappen. „Halt!“, schreit Gustav und hält seine Hand demonstrativ über den Rand seines Glases. „Sag mal Franz, bist du bescheuert?“, donnert er hinterher und verzieht vorwurfsvoll sein Gesicht. „Die weiße Tischdecke habe ich erst gestern gewaschen!“. „Wehe du verschüttest auch nur einen Tropfen,  dann haue ich dir deine Skatbirne ab!“, setzt er die Schimpfkanonade fort. „Mische endlich die Karten und teile aus!“. Franz versucht zu mischen, jedoch fallen ihm pausenlos die Skatkarten herunter. Jetzt meldet sich auch Raimund zu Wort. „Sag mal du Mischling, hast du in einer Woche vergessen, wie man das mit den Karten anstellt?“. „Nein habe ich nicht“. „Irgendwie wollen meine Finger heute nicht so wie ich es möchte“, kontert Franz verzweifelt. „Aaaach was, lass mich mal“, bietet sich nun Siegbert an. Die Karten fliegen nur so von der rechten auf die linke Hand. Fasziniert sieht ihm Franz dabei zu und zuckt mit seinen Schultern, als Zeichen des Nichtverstehens. Endlich verteilt Siegbert die Karten und packt zum Schluss die zwei Trümpfe  in die Tischmitte. „Franz, du musst jetzt etwas sagen, reize endlich!“, blökt Siegbert. „Ich eröffne mit NULL!“. „Aha, also einen NULLOUVERT?“, fragt ihn Siegbert zögerlich. „Dir dürfte klar sein, dass du keinen Trumpf bekommen darfst“, setzt Siegbert noch einen drauf. Franz schaut noch einmal sehr intensiv auf sein Blatt und entscheidet. „Ja, Kreuz Fahne“.
„Wie jetzt!, Kreuz Fahne?“. „Wo bist du eigentlich heute mit deinem Verstand?“, fragt ihn Gustav und schaut mit kullerrunden Augen in die Skatrunde. Alle fangen wie auf Befehl lauthals zu lachen an. „Kinnings so wird das nichts!“, greift Raimund in das Gespräch ein, nachdem er sich etwas beruhigt hat. Die Gläser sind leer getrunken und Franz schenkt nach. „So, ihr Schluckspechte, wenigsten ein guter Tropfen sollte unseren Skatabend vervollkommnen“. „Nun denn, wenn schon keinen Skat, dann wenigstens die Birne zuschütten“, lallt Siegbert schon etwas angetrunken.  Schnell werden vier Flaschen geleert und Franz muss für Nachschub sorgen. „Fffraaaaanz, uuuhum die Eeeecke ist ne Weeeeeeinstube, da giiiiibts dddddoooolllllen Roooootwein“. Siegberts Worte sind kaum noch zu verstehen und wollen nicht mehr klar über seine tauben Lippen kommen.
Franz schwankt aus dem Zimmer, krallt sich seinen Ledermantel, um zur Weinstube um die Ecke zu taumeln. Irgendwie ist Franz nicht mehr Herr seiner gesamten Sinne und versucht die Schrift auf dem Schild zu erkennen, was über dem Laden prangt. Sie steht nicht still, sondern beginnt von links nach rechts zu laufen. WEINSTUBE, EINSTUBE. INSTUBE, NSTUBE, STUBE, TUBE, UBE, bis noch nicht einmal ein einziger Buchstabe vorhanden ist. Scheiße, denkt sich Franz und öffnet die Tür des Ladens, um an die Theke zu treten. Nach mehrmaligen Versuchen, in denen er einen Tisch, drei Stühle und einen Gast mitgerissen hat, steht er vor dem Barkeeper und möchte seinen WEINWUNSCH kund tun. „Iiiich mööööööchte Wwwwwweeeeein….“. Mehr kommt nicht heraus und Franz schaut verdattert dem Barkeeper ins Gesicht, in der Hoffnung, dass dieser alles vernommen hat. „Was möchten sie bitte?“, hakt dieser nach und hält sich seine geöffnete Hand zwecks besseren Verstehens an die Ohrmuschel. „Wwwwwwein….!“. Franz gibt sein Bestes, jedoch fällt ihm das zusehends immer schwerer. „Ja stimmt, wir sind eine WEINSTUBE“, bölkt der Typ hinter der Theke jetzt drauf los und will dem Franz an den Kragen gehen, um ihn über den Tisch zu ziehen.
Hoffnungslosigkeit macht sich im Gehirn von Franz breit, und ihm fällt nichts Besseres ein, als los zu weinen. „Guter Mann, wir sind eine Weinstube und kein Heularium“. „Wenn sie vorhaben, das Spielchen weiter zu treiben, sollten sie in das neueröffnete HEULARIUM gegenüber gehen“, erklärt der Keeper, nachdem er sich etwas beruhigt hat. Solche Weicheier sind ihm eigentlich zuwider. „Also, zwecks besseren Verständnis, HEULARIUM gegenüber okay?“, fordert er den völlig betrunkenen Franz auf und weist mit dem Zeigefinger in Richtung Tür. In seinem total verwirrten Zustand muss Franz jetzt eine folgenschwere Entscheidung treffen. WEINSTUBE oder HEULARIUM?, das ist hier die Frage. Als würde sein Gehirn einfach keine Lust haben, etwas Konstruktives von sich zu geben, setzt es Franz unter Druck und fordert ihn demonstrativ auf, Lachsalven ohne Ende zu produzieren. „Lachmöwen haben hier keinen Zutritt“, gibt der Barkeeper verärgert von sich. „Für –das Land des Lächelns- ist ein anderer Laden zuständig“. „Der befindet sich allerdings nicht in unserer Stadt“. „Wenn sie also dort hin möchten, sollten sie sich ein Taxi nehmen“. „Aaaach waaaas“, winkt Franz ab und trottet aus dem Weinladen, um seinen unaufhörlichen Gelächter zu frönen. Ein Lachkrampf vom Feinsten ist die Folge. So langsam beginnt sich in der frischen Luft der Alkoholpegel im Blutkreislauf von Franz zu senken, und die Birne wird wieder einigermaßen frei. „Was will ich noch mal?“, fragt er sich, da alles vorher Geschehene wie weggeblasen ist. Konsterniert steht Franz auf dem Bürgersteig, und Passanten rennen hektisch, keines Blickes würdigend an ihm vorbei.
© Marlies Hanelt 5.Dezember2014