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Herzlich Willkommen auf
meinem Blog
zu einer weiteren surrealistischen Geschichte.
WENN ALLE DINGE BEINE
HÄTTEN…
Der heutige Tag sollte sich für mich eigentlich
positiv gestalten. Dementsprechend macht sich die Arbeit auch quasi wie von
selbst, ohne mein Dazutun. Jedenfalls stelle ich mir das so vor. Per Hypnosebefehl
wandern jegliche Dinge dorthin, wo sie hingehören. Der Mülltüte wachsen lange
Beine, und sie wankt schnellen Schrittes die Treppen bis zur Mülltonne hinunter.
Dort angekommen hebt sie sich vom Boden ab, öffnet den Mülltonnendeckel und
wirft sich selbst hinein. Recycling im Selfpublishing nenne ich das.
Der Staubsauger rutscht über den Teppich,
wie von Geisterhand bewegt, durch meine gesamten Räume und veranstaltet einen
Höllenlärm. In der Küche klappert das dreckige Geschirr in der Spüle und wäscht
sich von alleine ab. Jetzt kommt der Befehl für das Wischtuch. Die Kommodenschublade
öffnet sich, und ein knarrendes Geräusch lässt darauf schließen, dass das Holz
alt, trocken und morsch geworden ist. Immerhin besitze ich dieses Teil schon seit
weit über vierzig Jahren. Ein Erbstück meines verstorbenen Onkels. Er besaß
nicht viel, aber das Wenige konnte ich mir krallen. Zudem wurde die Schublade
schon lange nicht mehr benutzt, weil sie ständig beim Öffnen hakt, wenn ich
daran rüttele, um sie herauszuziehen. Nichts will hier in diesem Haushalt so
richtig funktionieren. Wütend trete ich gegen die Schubladenfront und breche
mir prompt den rechten Zeh. Ein stechender Schmerz fährt durch mein Bein und
lässt mich laut aufschreien. „Mach doch was du willst!“, kreische ich wutentbrannt.
„Kraft meiner Gedanken wirst du es selbst machen müssen“, brülle ich weiter. Stünde
jetzt jemand vor meiner Wohnungstür, würde er glauben, dass hier mindestens
wenn nicht noch mehr Leute wohnen. Das Gegenteil ist der Fall.
Während der Koloss von Staubsauger seiner
Arbeit nachgeht, die Mülltüte auf dem Weg zur Tonne ist und der Wischlappen den
aufgetürmten Staub beseitigt, rege ich per Oommmm den Kugelschreiber an, den
Einkaufszettel zu schreiben. Darauf steht nach einiger Zeit, - Milch, Käse,
Butter, Brot, Wurst -. Jetzt fehlt nur noch der Einkaufsbeutel, welcher in der
Speisekammer hängt. Dem sind inzwischen ebenfalls Beine gewachsen, an deren
Enden sich kleine, rote Schühchen wie von selbst materialisiert haben. Ich öffne
die Tür, und er seilt sich vom Haken ab, um darauf flugs durch die geöffnete Wohnungstür
zu trippeln. Irgendwie sieht das Ganze lustig aus und verführt mich zum
Schmunzeln.
Das Bett sollte auch wieder einmal bezogen
werden. Es ist an der Zeit, da es schon ziemlich stinkt. Dunkle Flecken von
irgendeinem Getränk zieren die Bezüge und laden nicht wirklich dazu ein, wieder
hineinzusteigen. Gedankenbefehle wandern in die Wäschekiste und fordern einen Frischen
auf, sich dieser zu entheben. Der
dreckige Bettbezug streift sich vom Dauneninnenbett ab und macht dem Makellosen
Platz.
„Habe ich noch etwas vergessen?“, frage ich
mich und stütze das Kinn auf die Hand meines angewinkelten Arms ab. „Nein“,
kommt darauf die spontane Eigenantwort. Nun, dann kann ich in einer Stunde
darauf hoffen, dass ich einen blitzeblank gesäuberten Haushalt vorfinden werde,
denke ich beiläufig. Plötzlich vernehme ich ein lautes Getöse. Hört sich wie
ein Knall an, gepaart mit ohrenbetäubendem Pfeifen. Erschrocken fahre ich aus
meiner Gedankenlethargie hoch und eile ins Wohnzimmer. Was sich mir dort
bietet, kann ich nicht mit Worten beschreiben. Mir stockt quasi der Atem, denn der
gesamte Inhalt des zuvor aufgesaugten Drecks verteilt sich nicht nur auf dem
Boden, sondern liegt auf allen Möbelstücken. Es sieht aus, als hätte ich
jahrelang nichts getan. Der Staubbeutel ist geplatzt und der Motor hat seinen
Geist aufgegeben. Zentimeterhohe Staubflocken türmen sich auf und bieten keinen
Zugang zum Korridor und natürlich auch nicht zur Küche. Es sei denn, ich versuche
mich durch diese hindurch zu wühlen.
Inzwischen klingelt es an meiner
Wohnungstür. Ich komme einfach nicht dorthin, weil mir dieser verdammte Dreck
den Weg versperrt. Das kann nur mein Einkaufsbeutel sein, denke ich und mache
das Fenster in meinem Schlafzimmer auf, um etwas frische Luft zu tanken.
Vielleicht kann ich den Staub dazu bewegen, sich aus diesem zu verflüchtigen?. Unglaublich was jetzt geschieht. So als hätte
er meine Frage vernommen, bewegt sich eine große Staubwelle in meine
Schlafkemenate und schwebt langsam aber sicher zum Fenster hinaus. Endlich komme
ich widerstandslos zur Wohnungstür und öffne sie. Jedoch steht da nicht meine
Einkaufstasche, sondern die Polizei. Verdutzt schaue ich die beiden Männer an
und virtuelle Fragezeichen bauen sich vehement über meinem Kopf auf.
STUNDEN SPÄTER
Ich erwache und sitze in meinem bequemen
Ohrensessel. Meine Glieder schmerzen, und die Birne dröhnt. Fahles Abend Licht versucht
sich durch die dreckigen Fenster zu quälen und erzeugt nicht gerade ein wohliges
Gefühl in meinem tiefsten Inneren. Übelkeit gesellt sich dazu. Auf dem Tisch
vor mir steht eine leere Flasche Whiskey, nebst zwei Karaffen irgendeines Gesöffs,
die ich mir gestern im Supermarkt eilig besorgt habe. Irgendein no name Produkt,
da es preisgünstig angeboten wurde. Mir brennt sowas von der Helm, dass ich
nicht in der Lage bin aufzustehen. Die Augen und das Hirn können nicht
realisieren, dass ich mir die Kante gegeben habe. Etwas später sehe ich mich um
und entdecke den Dreck in seiner Ursprünglichkeit. Nichts aber auch gar nichts
hat sich wie von selbst erledigt. „FAKE“, gebe ich kleinlaut mit meiner
ebenfalls gelittenen Stimme von mir. Muss ich wohl alles nur geträumt haben,
sinniere ich weiter. „Verdammt, alles noch einmal auf ANFANG“, versuche ich zu
schreien. Nichts geht mehr. Was gibt es Besseres, als mit dem zu beginnen,
womit man aufgehört hat, denke ich. „NA DANN, PROST!“. Ob es damit besser geht
den Haushalt anzugehen, bleibt offen.
© Marlies Hanelt 14.Oktober2014