Montag, 22. Dezember 2014

AQUARIUMGEPLÄNKEL -Ruhepol, Gesprächspartner oder doch nur ein Traum?.


                          
(Bild kreiert mit Word und Paint)

Hallo und ein Herzliches Willkommen auf meinem
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Wieder erwartet euch eine surrealistische Geschichte aus meinem Fantasiereich. Alles ist eben möglich.




AQUARIUMGEPLÄNKEL
RUHEPOL, GESPRÄCHSPARTNER ODER DOCH NUR EIN TRAUM?

Wieder neigt sich ein arbeitsreicher Tag dem Ende zu, und meine Wenigkeit schreit hoffnungslos nach besinnlicher Ruhe. Verdient habe ich mir diese nun wirklich. Immerhin liegen viele Wochen extremen Stresses hinter mir und wollen irgendwie verarbeitet werden. Hierfür steht ein bequemer, kuscheliger Ledersessel in meiner Kemenate bereit und lädt mich ständig ein, die psychische,  als auch physische innere Mitte wiederzufinden. Momentan liegt diese noch nicht einmal ansatzweise in meinem desolaten Körper, weshalb ich auch ein bestimmtes Ritual hierfür praktiziere, wenn es denn notwendig werden sollte. In besagter Kemenate steht ein Aquarium, welches von einem länglichen, hellgrünen Leuchtstab fokussiert angestrahlt wird. Nur dieser kleine Bereich ist wichtig für mein Ritual. Wäre meine gesamte Räumlichkeit davon illuminiert, könnte ich nicht entspannen. Logisch. Ich beginne mich in meinem Sessel zu räkeln und die Knochen zu sortieren. Fühlt sich schon einmal gut an. Schaue auf das Aquarium und die vielen kleinen Zierfische, die bedächtig darin herum dümpeln. Schleierschwänze und Guppys sind meine bevorzugten Arten. Mein Körper wird so langsam von einem wohligen Entspannungsgefühl gepackt, und auch die Seele zeigt sich positiv eingestimmt. Super, so  kann es weitergehen, denke ich nur kurz, als etwas Unglaubliches geschieht.
Einer meiner zehn Schleierschwänze schießt mit affenartiger Geschwindigkeit hinter einem grau marmorierten, gezackten Stein hervor und drückt sein kleines, wulstiges Mäulchen gegen die dicke Scheibe. Öffnet und schließt es rhythmisch in kurzen Abständen, so als wollte er mir etwas mitteilen. Seine Schleierflossen klappen, gleichsam schwebend, nach vorn und streicheln sanft das Aquariumsglas. Winkt er mir etwa zu?. Meine realistischen Empfindungen scheinen gestört, denn die letzte Entspannungsphase setzt ein und erreicht bald ihren Zenit. Dementsprechend sind auch die Augen nur noch halb geöffnet oder halb zu?. Ich bin ein positiv denkender Mensch, also sind sie halb auf. Parallel dazu vernehme ich plötzlich ein leises, wimmerndes Stimmchen, was augenscheinlich zu den kongruenten Fischmaulbewegungen zu passen scheint. „Oh Gott, ein jammernder Schleierschwanz!“, stoße ich, jetzt nicht mehr so entspannt, mit ängstlicher Stimme hervor. „Hilf mir, hilf mir!“, wiederholt er stetig die Bitte, so als würde er von etwas oder irgendjemandem verfolgt. Jedoch kann ich nichts erkennen, was entsprechende Rückschlüsse darauf zuließe. Also versuche ich die Halluzinationen zu verdrängen und erneut zu entspannen.
Genau in diesem Moment klopft es donnernd an die Glasscheibe meines Aquariums und das Hämmern lässt mich erneut hochschrecken. Diesmal sind meine Augen weit geöffnet und schauen auf einen Guppy, der versucht, meinem Schleierschwanz Gewalt mit Fäusten anzutun. Einige Schläge gehen daneben und landen prompt auf besagter Scheibe. „Hilf mir doch endlich!“, winselt das Schwänzchen und blickt in meine Richtung. „Gnade, Gnade und Respekt vor der niederen Kreatur“, redet es auf den Guppy ein, der fortwährend auf den Schwächeren Fisch eindrischt. Der kann sich leider nicht wehren, da ihm sein dünnes Schleierkleid keinen Schutz mehr bietet. Total zerfetzt hängt der zarte Tüll von seinem Körper herunter und lässt ihn ärmlich aussehen. Eigentlich sollte ich sofort aufstehen und meinem kleinen Freund zur Hilfe eilen, jedoch versagt meine körperliche Kraft, und ich kann nur zusehen, wie mein Schleierschwanz weiter vermöbelt wird. Ein ziemlich ungleicher Kampf nimmt letztendlich auch bald ein Ende. Übersät von blauen Flecken sinkt mein kleiner Freund auf den Kieselsteinboden des Aquariums und gibt keinen Laut mehr von sich. Zugedeckt von seinem kaputten Schleierkleid wiegt ihn das Wasser hin und her. Seine stecknadelkopfkleinen Augen an der Seite wirken leer, denn der Tod nähert sich bedächtig auf leisen Sohlen, und führt die Seele meines Schleierschwänzchens ins große Fischuniversum. Dort schwimmt er glücklich in aller Seelenruhe und hat sich sogar mit einem anderen Guppy angefreundet. „Na bitte, geht doch!“.
Das Telefon klingelt schrill und eindringlich. Ich werde abrupt von meinem Entspannungslevel gerissen und gähne unaufhaltsam, bis sich nach einigen Sekunden mein Körper einigermaßen wach anfühlt. Greife nur zögerlich nach dem Hörer und hebe ihn von der Gabel. „Hallo!“, rufe ich mit harscher Stimme in die Muschel. Ein wimmerndes, leises Stimmchen versucht sich kundzutun. „Hilf mir, hilf mir, hilf mir doch!“. Es hört sich wie das tote Schleierschwänzchen an, denke ich und drücke den Hörer etwas dichter an mein Ohr. „Hilf mir endlich!“. „Ein Guppy will mir wieder an die Wäsche!“, kommt es jetzt etwas deutlicher herüber.
Ein toter Guppy, der wieder einmal nach Rettung schreit?, frage ich mich und bin ziemlich durcheinander. Verständnislos blicke ich auf das Aquarium, in dem meine Zierfische immer noch seelenruhig herum dümpeln. Was läuft hier eigentlich für ein Film?, baut sich logischerweise die nächste Frage auf. Offensichtlich hänge ich mit meinen Sinnen  halb in der Realität und zur anderen Hälfte in der Fiktion. Kann nur so sein. Wer erlöst mich nun aus diesem Zwiespalt?, bohrt sich eine weitere Frage durch mein nicht wirklich entspanntes Gehirn. Ich kann und will diesen Zustand einfach nicht akzeptieren und treffe einen folgeschweren Entschluss. Das Aquarium muss verschwinden und zwar pronto rapido. Vielleicht geht davon ein Fluch aus?.  Der Verkäufer der kleinen Zootierhandlung hat mir allerdings nichts davon erzählt, nur einfach  geschwiegen und eine satanische Mimik dazu aufgesetzt. „Teufel noch mal, der nimmt mir dieses Teil inklusiver Fische zurück, sonst gehe ich ihm an den Kragen“, brülle ich lauthals durch meine Kemenate. Plötzlich vernehme ich einen Knall, der  nicht von schlechten Eltern ist. Als ich in Richtung des Aquariums blicke, ist es einfach nicht mehr vorhanden. Nur eine riesige Wasserlache, die meinen Flokati völlig durchtränkt hat, zeugt noch von seinem einstmaligen Vorhandensein. Selbst die Fische sind verschwunden. Ob sie wohl alle ins große Universum geschwommen sind?. Der Fluch muss wohl offensichtlich mit diesen Zierfischen verknüpft sein, sonst wären sie ja noch vollzählig. Nichts Genaues weiß man.
Muss ich mir wohl oder übel ein neues Aquarium besorgen, um weiterhin meinen illustren Entspannungsrieten frönen zu können. Aber bitte dann ohne Fluch.
© Marlies Hanelt 22.Dezember2014